Barocke Pracht und kulinarischer Genuss
Sinnliche Engelchen und anderer Zierrat an der Fassade verheißen Genuss: Das galt wohl schon für die Backwaren im Jahre 1872, gilt aber erst Recht für die gutbürgerliche Küche in einer der traditionsreichsten Gaststätten Bochums.
Ein Bäckermeister war es, der sich 1872 auf den steigenden Brotbedarf in Bochum einrichtete: Im Erdgeschoss waren seine Backstube und auch schon eine Gaststube untergebracht. Zwei Pferde und der Bäckerwagen hatten ebenfalls im Erdgeschoss ihr Domizil; das Tor befand sich an der Fassade zur Bleichstraße.
1916 – mitten im Ersten Weltkrieg – übernahm die Hebamme Emma Wittig das Gasthaus, das damals den Namen »Restauration zur Altstadt« trug. Sie war verwitwet und hatte drei Töchter, mit denen sie das Lokal führte. 1932 starb Emma Wittig, die von ihren Gästen liebevoll»Mutter Wittig« genannt wurde. Da lag es nahe, den Namen der Restauration zu ändern: Seit 1936 heißt das Lokal offiziell »Mutter Wittig«. Das Restaurant wird bis heute von der Familie (in der vierten Generation) bewirtschaftet.
Bis 1957 hatte das Gasthaus seinen Haupteingang in der Rosenstraße. Hier banden die Fuhrleute ihre Pferde an Eisenringen am Haus fest, während sie auf ein Bier und einen Schnaps einkehrten.
Nach Kriegsschäden konnte das Lokal bereits 1945 wieder eröffnet werden, zunächst nur provisorisch, mit einem Fass als Theke. 1948 wurde die Bleichstraße gebaut. Im Dreieck an der Bongardstraße entstand der heute so beliebte Biergarten. Die hohe Platane wurde 1949 zum Katholikentag in Bochum gepflanzt. Sie stammte von einem Friedhof, in einem Ast fanden sich noch Bombensplitter.
Seit 1989 steht die schön verzierte Fassade des Gebäudes unter Denkmalschutz. Beachtenswert sind die künstlerisch ausgeführten Fenster im Erdgeschoss der Gaststube, die Szenen aus dem alten Bochum zeigen. Insbesondere in den Jahren 1954, 1957, 1978 und 2005 wurde durch die Familie Heer immer wieder umgebaut und renoviert und saniert. So wuchs und entstand das Restaurant mit seiner einzigartigen Wohlfühl-Atmosphäre. Zuletzt wurden die beiden einladenden Gesellschaftsräume in der ersten Etage elegant und zugleich gemütlich gestaltet.